Wie man das Leben verpassen kann

Gerade wohne ich in Montevideo, in Malvin. Meine Vermieter sind sehr nett, und meine Vermieterin hatte mir eine Email gesandt: sie schlug vor, ich solle mir den Umzug anschauen, der… genau vor meinem Fenster stattfand.

Da ich derzeit wohl eher das Bedürfnis nach Rückzug gehabt hatte – ich mag die Menschen in Uruguay, aber manchmal greift das Empfinden bezüglich der Arbeitsstelle leider auf unerwünschte Weise ins Privatleben üben – , saß ich zuvor vor meinem Computer (die Fensterläden hatte ich schon geschlossen, da die Sonne untergegangen war) und dachte, das seien ja nur die Trommler, die jeden Samstag auf dem Platz nebenan spielten.

Da saß ich also vor dem Internet, während vor dem Haus Gruppe um Gruppe, Tänzerin um Tänzerin und Trommler um Trommler vorbeizogen. (Der Candombe ist sogar in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen).

Nun – dank sei meiner Vermieterin für Ihre Email Well Done.

Der Umzug war lang. Ich glaube, sie sagte, es seien dreißig Gruppen? Er findet anscheinend einmal im Jahr statt. Wie gut, daß ich die Einladung annahm und hinausging – um so mehr, als ich im Februar, obwohl ich hier war, keinen einzigen Karnevalsumzug gesehen hatte. Interessant auch, daß ich hier nun zum ersten Mal auch mehr Menschen schwarzer Hautfarbe hier sah als sonst meist.

Und manchmal ist es eben vielleicht doch interessant, der Neugier nachzugeben, sich zu überwinden, und wenigstens einen Schritt hinaus auf die Straße zu tun, auch wenn es schon Abend ist.

Denn das Leben ist immer da.

Reflexionen